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Myrmeleotettix antennatus

(Fieber, 1853)

(Fieber, 1853)

DE:

Langfühler-Keulenschrecke

EN:

Long-horned Club Grasshopper

Observation.org

Orthoptera.Speciesfile.org

IUCN Red List

Synonyme

Gomphocerus deserticola Eversmann, 1859

Morphologie

Farblich ist Myrmeleotettix antennatus gut an den Untergrund angepasst und meist ockergelb oder graubraun bis dunkelbraun gefärbt. Dabei kann der gesamte Körper mehr oder weniger unregelmässig mit dunklen Punkten und Flecken überzogen sein. Das auffälligste Erkennungsmerkmal sind die beim Männchen fast körperlangen Fühler mit den stark abgeflachten Endkeulen. Die dunkle, acht- bis zwölfgliedrige Fühlerkeule ist nach aussen gebogen und die letzten zwei bis drei Glieder sind leicht aufgehellt. Die Fühler der Weibchen sind deutlich kürzer und am Ende nur geringfügig keulenförmig erweitert. Die Halsschild-Seitenkiele sind deutlich nach innen geknickt und häufig dunkel gesäumt. Die auffallend schmalen Flügel beider Geschlechter überragen knapp die Hinterknie. Beim Männchen sind die Flügel rund 5x so lang wie breit und beim Weibchen 6x so lang wie breit. Besonders bei gelblich gefärbten Tieren weisen die Flügel häufig eine dunkle Fleckenzeichnung auf. Das Gehörorgan ist auffallend schmal und rund 4-8x so lang wie breit.

  • ♂ 10-13 mm
  • ♀ 14-26 mm

Gesang

Der Spontangesang von Myrmeleotettix antennatus besteht aus einem 1,5 bis 3 s dauernden Schwirrvers, der in unregelmässigen Abständen vorgetragen wird. Zwischen den einzelnen Versen können mehrere Minuten vergehen, in denen der Gesangsstandort gewechselt wird. Beim Spontangesang werden zwei unterschiedliche Arten von Versen erzeugt, was für mitteleuropäische Kurzfühlerschrecken aussergewöhnlich ist. Zusätzlich zu den einfachen Versen wird ein zweiter, längerer Verstyp erzeugt, der am Schluss ein schwirrendes Ende hat. Dabei werden die Fühler beim ersten Teil nach oben und beim Endteil nach unten und aussen bewegt. Der Rivalengesang besteht ähnlich wie bei Gomphocerippus rufus aus kratzenden, aneinandergereihten kurzen Silben. Beim komplexen Werbegesang folgt auf eine lange Einleitung, bei der tickende Silben aneinandergereiht werden (der Körper wird im selben Rhythmus seitlich hin und her bewegt) ein impulsiver Endteil, der dem zweiten Typ des Spontangesangs gleicht. Mit beiden Hinterbeinen werden dabei ganz unterschiedliche Bewegungsmuster ausgeführt. Beim impulsiven Endteil werden die Fühler zuerst weit nach hinten bewegt und dann weiter vorne im Kreis rotiert. Mit den Tastern wird stark vibriert, während die Fühler nach hinten zum Körperende bewegt werden.

Spontangesang von Myrmeleotettix antennatus. Die Aufnahme wurde geschnitten, um die lange Pause zwischen den Versen zu verkürzen - HU, Südliche Grosse Tiefebene, Kecskemét, 08.07.2016, 25 °C.

Einzelner, einfacher Vers aus dem Spontangesang von Myrmeleotettix antennatus - HU, Südliche Grosse Tiefebene, Kecskemét, 08.07.2016, 25 °C.

Einzelner, aus zwei Silbentypen aufgebauter Vers aus dem Spontangesang von Myrmeleotettix antennatus. Beim Nachgesang werden die Fühler spektakulär gegen den Boden bewegt, was beim einfachen Gesang nicht vollzogen wird. - HU, Südliche Grosse Tiefebene, Kecskemét, 08.07.2016, 25 °C.

Wechselgesang von Myrmeleotettix antennatus - HU, Südliche Grosse Tiefebene, Kecskemét, 08.07.2016, 25 °C.

Rivalengesang von Myrmeleotettix antennatus - HU, Südliche Grosse Tiefebene, Kecskemét, 08.07.2016, 25 °C.

Werbegesang von Myrmeleotettix antennatus - HU, Südliche Grosse Tiefebene, Kecskemét, 08.07.2016, 25 °C.

Video: Wolfgang Forstmeier

Verbreitung

Myrmeleotettix antennatus ist eine südosteuropäische Art, die heute aus einigen Gebieten Ungarns, Serbiens, der Slowakei sowie Rumänien bekannt ist. Das grösste zusammenhängende Verbreitungsgebiet erstreckt sich nördlich des Schwarzen Meers Richtung Osten. Für Serbien wurde die Art 2017 nahe der ungarischen Grenze wiederentdeckt. In Ostösterreich scheint sie ausgestorben zu sein. Der letzte Einzelnachweis aus Österreich stammt aus der Goldenen Heide bei Eggendorf/Steinfeld (Niederösterreich) von 1998, wobei es sich dabei möglicherweise um verflogene Einzelindividuen handelte. Ältere Funde aus dem Marchfeld (Niederösterreich) konnten seit 1934 nicht mehr bestätigt werden und lagen nur aus den Sandbergen Oberweiden vor. Aufgrund der starken Lebensraumbindung von Myrmeleotettix antennatus ist die Art ausschliesslich in der Ebene anzutreffen.

This map is based on occurrence records available through the GBIF network and may not represent the entire distribution.


Phänologie & Lebensweise

Ausgewachsene Tiere von Myrmeleotettix antennatus können von Juli bis Oktober beobachtet werden.
Über die Ökologie der Eientwicklung ist wenig bekannt. Wie bei der Schwesterart Myrmeleotettix maculatus ist auch von Myrmeleotettix antennatus ein komplexes Balzverhalten bekannt. Die Männchen werben dabei sowohl akustisch als auch durch eine visuelle Balz um die Weibchen. Während das Männchen den Balzgesang vorträgt, wippt es mit dem Körper hin und her und vollführt auffällige Bewegungen mit den Fühlern und den Palpen. Dabei entsteht eine Abfolge von Bewegungen, die ständig wiederholt wird.


Lebensraum

Myrmeleotettix antennatus ist sehr wärmebedürftig und ausschliesslich in Lebensräumen mit sandigem Untergrund anzutreffen. Die Art wird sowohl in Sandsteppen als auch in Sanddünen entlang von Flüssen gefunden. Die Vegetationsdecke ist dabei sehr lückig. Ganz offene Sandflächen werden jedoch gemieden. Oft findet man die Art in grösseren Dichten nahe von Gebüschgruppen oder an Waldrändern, wo sie sich im Falllaub und auf Totholz aufhalten.


Gefährdung & Schutz

Aufgrund des grossen Verbreitungsgebiets im Osten gilt Myrmeleotettix antennatus in Europa als nicht gefährdet. In Österreich konnte die Art trotz intensiver Nachsuche nicht mehr nachgewiesen werden und ist als ausgestorben zu betrachten. Allerdings deuten die Museumsbelege darauf hin, dass sie nie häufig vorgekommen ist. Eine Bedrohung des Lebensraums im Hauptverbreitungsgebiet von Myrmeleotettix antennatus stellen vorwiegend Aufforstungen und die Ausbreitung invasiver Neophyten wie die Gewöhnliche Robinie (Robinia pseudoacacia) oder die Gewöhnliche Seidenpflanze (Asclepias syriaca) dar. Diese beiden Pflanzenarten können insbesondere in Südosteuropa grossflächige Bestände bilden. Dabei überwuchern sie die offenen Sandhabitate, was zur Verdrängung von Myrmeleotettix antennatus führen kann.
Die Bekämpfung dieser invasiven Neophyten ist sehr aufwendig und mit entsprechenden Kosten verbunden. Regelmässiges Mähen von Asclepias syriaca über mehrere Jahre scheint die Pflanze empfindlich zu schwächen und führte in Ungarn zu Erfolgen.

Rote Listen
  • CH:
    Abwesend
  • DE:
    Abwesend
  • AT:
    CR (Vom Aussterben bedroht)
  • Europa:
    LC (Nicht gefährdet)

Ähnliche Arten

Die Männchen von Myrmeleotettix antennatus sind aufgrund der schlanken Gestalt und der langen Fühler mit der auffälligen Keule am Ende kaum mit anderen Arten ausserhalb der Gattung Myrmeleotettix zu verwechseln. Den Lebensraum teilt sich Myrmeleotettix antennatus zudem in Osteuropa nicht mit anderen Keulenschrecken. Anhand der Flügelproportionen lassen sich die beiden ähnlichen Arten Myrmeleotettix antennatus und Myrmeleotettix maculatus sicher unterscheiden. Bei Myrmeleotettix maculatus sind die Flügel beim Männchen rund 4x so lang wie breit und beim Weibchen rund 4-5x so lang wie breit. Bei Myrmeletettix antennatus sind die Flügel 5x (Männchen) bzw. 6x (Weibchen) so lang wie breit. Die Fühler von Myrmeleotettix maculatus sind etwas kürzer und die Keulen wenig stark ausgeprägt. Die Halsschild-Seitenkiele sind stärker nach innen gebogen und der Habitus von Myrmeleotettix maculatus wirkt insgesamt etwas kräftiger. Die farbliche Variabilität von Myrmeleotettix maculatus ist deutlich grösser und die Farben sind intensiver. Die Weibchen von Myrmeleotettix antennatus können auch aufgrund des nicht erweiterten Präcostalfeldes mit Omocestus haemorrhoidalis und in den ungarischen Sanddünen mit Omocestus minutus verwechselt werden. Beide Arten haben jedoch keine erweiterten und abgeflachten Fühlerenden.

Myrmeleotettix maculatus

Gomphocerippus rufus

Omocestus haemorrhoidalis

Omocestus petraeus