Tetrix tuerki
(Krauss, 1876)
DE:
Türks Dornschrecke
EN:
Alpine Groundhopper
FR:
Le Tétrix des grèves
Le Tétrix grisâtre
IT:
Tetrix grigiastro
Tetrix gradojevici Karaman, 1960 | Tetrix orientalis Harz, 1979 | Tetrix saulcyi Azam, 1893 | Tetrix torulosifemura Deng, 2016 | Tetrix turki [sic] Krauss, 1876 | Tettix türki [sic] Krauss, 1876 | Tetrix wagai Bazyluk, 1962
Morphologie
Die Grundfarbe von Tetrix tuerki ist wie bei den anderen Tetrix-Arten dem Untergrund angepasst. Jedoch ist sie oft einheitlich hellgrau mit hellen Zeichnungen. Weisse Flecken auf dem Halsschild und rötliche, braune und algenfarbige Marmorierungen kommen häufig vor. Tetrix tuerki kann sowohl kurzdornig als auch langdornig sein. Bei den langdornigen Tieren überragen die Hinterflügel das Dornende deutlich, bei kurzdornigen enden sie knapp davor. Die Halsschildform von Tetrix tuerki ist charakteristisch. Von der Seite betrachtet, ist der Mittelkiel am Vorderrand leicht höckerartig aufgewölbt und verläuft anschliessend gerade in die Spitze. Dabei überragt der Mittelkiel die Seitenkiele von der Seite betrachtet kaum. Dadurch ist der Halsschild sehr flach und verleiht Tetrix tuerki einen untersetzten Habitus. Die Unterseite der Vorder- und vor allem der Mittelschenkel sind stark gewellt, ein Merkmal, das Tetrix tuerki mit Tetrix depressa teilt. Die Fühler sind einfarbig hell und höchstens die letzen 2-3 Glieder sind dunkler. Die längsten Fühlerglieder sind 2-2,5x so lang wie breit.
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♂ 8-10 mm
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♀ 9-13 mm
Gesang
Einige Dornschrecken kommunizieren, indem sie mit den Hinterbeinen auf den Boden schlagen. Uns ist allerdings nicht bekannt, ob Tetrix tuerki ein solches Verhalten zeigt.
Verbreitung
Das Verbreitungsgebiet von Tetrix tuerki beschränkt sich in Mitteleuropa auf den ganzen Alpenraum. Sie kommt östlich über Tschechien, Rumänien und Griechenland bis in die Türkei vor. Das Gebiet ist allerdings nicht zusammenhängend und die Vorkommen sehr lokal. In der Schweiz kommt Tetrix tuerki an wenigen Fundorten im Graubünden, im Wallis und im Berner Oberland vor und hat den Verbreitungsschwerpunkt im Sense- und Schwarzwassergebiet in den Kantonen Bern und Friburg. In Deutschland beschränkt sich die Verbreitung auf das südliche Bayern. In Ostösterreich, wo Tetrix tuerki 1876 beschrieben wurde, ist sie schon lange ausgestorben. In Frankreich und Italien kommt sie an Alpenflüssen lokal häufig vor und steigt bis in Höhen von 2000 m.
This map is based on occurrence records available through the GBIF network and may not represent the entire distribution.
Phänologie & Lebensweise
Ausgewachsene Tiere von Tetrix tuerki können von März bis November angetroffen werden.
Es ist anzunehmen, dass ausgewachsene Tiere von Tetrix tuerki in tiefer gelegenen Lebensräumen sowohl im Frühling als auch im Spätsommer besonders häufig anzutreffen sind und sich in zwei Generationen pro Jahr entwickelt. Die Eier werden an feuchten Stellen in den Boden abgelegt, wobei deren Entwicklung vier bis sechs Wochen dauert. Tetrix tuerki ernährt sich vorwiegend von Algen und Moosen.
Lebensraum
Tetrix tuerki stellt sehr hohe Ansprüche an den Lebensraum. In Mitteleuropa werden ausschliesslich Uferbereiche der Alpenflüsse mit Geschiebeflächen besiedelt, die mit mehr oder weniger feuchtem Sand oder Schlick bedeckt sind. Wichtig ist das Auftreten periodischer Hochwasser, die immer wieder neue, vegetationsfreie Flächen schaffen. Dabei hält sich die Art bevorzugt im Bereich kleiner, feuchter Senken auf. Die Vegetation ist meist bis auf Moose und Algen nur sehr spärlich entwickelt. Im Pfynwald (VS) lebt die Art auf sandig-steinigen Flächen entlang der Rhone, die mit Deutscher Tamariske (Myricaria germanica) und Zwerg-Rohrkolben (Typha minima) bewachsen sind. Oft sind die besiedelten Lebensräume auf wenige Quadratmeter beschränkt und die Standorte wechseln von Jahr zu Jahr.
Gefährdung & Schutz
Aufgrund der verstreuten Vorkommen und der starken Regulierung bzw. Korrektur der Fliessgewässer ist Tetrix tuerki in Mitteleuropa stark gefährdet und in der Schweiz und Deutschland vom Aussterben bedroht. Die hohen Ansprüche an den Lebensraum machen die Art besonders anfällig. Die rücksichtslose Sand- und Kiesgewinnung, Errichtung von Stauanlagen sowie umfassende Gewässerkorrekturen haben die Art an den Rand des Aussterbens gebracht. Für den Schutz von Tetrix tuerki ist die natürliche Dynamik der Flussläufe wichtig, die durch periodische Hochwasser unterschiedlicher Stärken immer wieder neue und günstige Lebensräume schafft. Fehlen die regelmässigen Hochwasser oder ist der Geschiebehaushalt durch bauliche Massnahmen gestört, geht der Lebensraum durch die Sukzession rasch verloren. An Orten wie zum Beispiel dem Gasterntal im Berner Oberland ist davon auszugehen, dass der Süsswassertourismus im Lebensraum zusätzlich einen negativen Einfluss haben wird.
Rote Listen
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CH:CR (Vom Aussterben bedroht)
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DE:1 (Vom Aussterben bedroht)
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AT:EN (Stark gefährdet)
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Europa:VU (Verletzlich)
Ähnliche Arten
Aufgrund der stark gewellten Unterseite der Mittelschenkel und dem flachen Halsschild mit dem nicht erhabenen Mittelkiel ist Tetrix tuerki gut von anderen Dornschrecken abzugrenzen. Zudem ist der spezielle Lebensraum immer ein Hinweis auf eine mögliche Präsenz. Im selben Habitat kann Tetrix tenuicornis vorkommen. Diese hat längere, schlankere Fühler, nicht gewellte Mittelschenkel-Unterseiten und der Halsschild-Mittelkiel ist deutlich erhaben. Die langdornigen Individuen von Tetrix tuerki können mit denjenigen von Tetrix subulata verwechselt werden. Die auf der Unterseite nicht gewellten Mittelschenkel der schlankeren Tetrix subulata sind mehr als 3x so lang wie hoch. Bei Tetrix tuerki sind sie weniger als 3x so lang wie hoch.