Frühsommer in Griechenland 2015
Reisebericht
Frühsommer in Griechenland 2015
Vom 6. bis 26. Juni 2015 verbrachte ich (Florin Rutschmann) ein paar Tage in Griechenland. Was als Familienurlaub mit Freunden gedacht war, entpuppte sich so ganz nebenbei als höchst interessanter Heuschrecken-Ausflug in bekannten Gebieten. Jedoch alles der Reihe nach!
Vom 6. bis 26. Juni 2015 verbrachte ich (Florin Rutschmann) ein paar Tage in Griechenland. Was als Familienurlaub mit Freunden gedacht war, entpuppte sich so ganz nebenbei als höchst interessanter Heuschrecken-Ausflug in bekannten Gebieten. Jedoch alles der Reihe nach!
Wir reisen mit dem Auto über Ancona und von dort mit der Fähre nach Patras auf dem Peloponnes. Der Aufenthalt auf dem Peloponnes war jedoch eine kurze Angelegenheit, denn wir hatten das Ziel Delphi und setzen direkt wieder aufs Festland über. Erwartungsvoll gleiten wir mit offenem Fenster übers Land, doch die Ernüchterung kehrt spätestens nach dem ersten Stopp am Strassenrand ein. Es ist erstaunlich kühl, regnerisch und es herrscht gespenstische Stille in den Büschen, Bäumen und Säumen. Eigentlich müsste es hier um diese Jahreszeit bereits hüpfen, zirpen und lärmen! Hoffentlich hat sich die ewige Griechenlandkrise nicht auf das Gemüt der Heuschrecken niedergeschlagen. Immerhin, bei dieser Ausgangslage erreichen wir das Ziel in der Nähe von Delphi zeitig und freuen uns auf gemütliche Tage mit Freunden, die nun schon zwei Monate mit Hab und Gut durch Griechenland tingeln.
Langfühlerschrecken (Ensifera)
Die Erleichterung ist gross, als wir am nächsten Tag die ersten Buntschrecken von Poecilimon zimmeri zwischen den historischen "Steinhaufen" in Delphi antreffen. Das grösste Highlight war aber die Entdeckung von Drymadusa dorsalis mitten im Siedlungsgebiet. Trotz intensiver Suche Nachts blieb dieser Zufallsfund die einzige Beobachtung der imposanten Art. Bei guten klimatischen Bedingungen konnte man sie Nachts zwar auf jedem zweiten Busch oder Baum hören. Allerdings ist das Auffinden beinahe ein Dinge der Unmöglichkeit. Die Sänger sitzen bestens getarnt im dornigen Dickicht und verstummen bei der geringsten Störung.
Über den Mt. Parnassos, wo es richtig kalt ist und die Vegetationszeit erst eingesetzt hat, setzen wir an den Golf von Maliakos südöstlich von Lamia über. Die landwirtschaftlich intensiv genutzte Landschaft wirkt auf den ersten Blick langweilig. Doch zwischen den Olivenhainen und den Ackerflächen hat es Feuchtgebiete, trockene Böschungen und Reste von Lagunen, die sich als interessante Schatzkammern entpuppten. Das erste Highlight war das Auffinden der Grabschrecke Bruntridactylus irremipes. Aus der Literatur war mir der Name bekannt und ich habe mich schon öfter gefragt, wie man diese Art im Feld von den Xya-Arten unterscheiden soll. Doch als das Tier vor mir im Sand auftaucht, war sofort klar, dass es keine normale Xya variegata sein kann. Das Individuum war deutlich grösser und wirkte kräftiger als die Weibchen von Xya. Gewissheit brachte allerdings erst ein genauer Blick auf die Tarsen durch das Binokular. Der Fund ist auch insofern spannend, als es seit sehr langer Zeit der erste Nachweis der Art für Griechenland ist. Auf einer Nachtexkursion an demselben Standort entdecken wir zwischen unzähligen Sumpfgrillen (Pteronemobis heydenii) ein etwas seltsames Exemplar. Glücklicherweise lassen sich zwei, drei Fotos machen, bevor das Tier im Lichtkegel der Stirnlampe panisch herumspringt und wir es nur mit Glück wieder finden und einsammeln können. Im ersten Moment habe ich lediglich an eine Missbildung eines Pteronemobis heydenii Weibchens gedacht. Bei genauerer Betrachtung entpuppte sich das Weibchen jedoch als normal entwickelt und unterscheidet sich in ganz fundamentalen Merkmalen von Pteronemobius heydenii. Bisher sind sämtliche Bestimmungsversuche gescheitert, wobei das aber bei den Grillen nicht viel bedeuten muss. Da bleibt nur eins - nochmals hin und eine intensive Suche starten!
Kurzfühlerschrecken (Caelifera)
An der Ostküste des Pelion beziehen wir Quartier. Obwohl die Region touristisch so aufbereitet ist, dass wir normalerweise einen grossen Bogen um so ein Gebiet schlagen würden, entscheiden wir uns für ein paar Tage in dieser für Griechenland eher untypischen Landschaft zu verweilen. Wasser scheint hier keine Mangelware zu sein und die steilen Küsten sind mit dichten Buchenwäldern überzogen. Während einer Tageswanderung durch den eher monotonen geschlossenen Wald kreuzt der Wanderweg immer wieder kleinere und grössere Bäche. Der Anblick eines feuchten und zerklüfteten Bachbetts, das ganzjährig Wasser zu führen scheint, zwingt zur Rast, denn der Ort schaut vielversprechend aus! Stirnlampe montieren und los geht die Suche. Und tatsächlich, es dauert auch nicht lange, da sind die ersten Höhlenschrecken zwischen den Felsen ausgespäht. Es ist eine Langbeinschrecke der Gattung Dolichopoda. Da die Gattung vom Pelion nicht bekannt war und in Griechenland praktisch an jedem Fundort eine andere Art vorkommt, ist die Bestimmung noch immer unbekannt.
Verschiedene Impressionen
Heftige Gewitter und andauernde Niederschläge vertreiben uns Richtung Norden. In einer bereits bestens bekannten Gegend südlich von Methoni lassen wir uns erneut nieder und geniessen in erster Linie die Lagunenlandschaft und die ausgedehnten Sandstrände zwischen Methoni und Katerini. Entlang der Küste führt eine Sandpiste mitten durch die Dünen. Die Piste wird zwar nicht oft befahren, es reicht jedoch, um ein Massaker unter den Jungtieren der Syrischen Schaufelkröten sowie der Wechselkröten anzurichten. So etwas haben wir noch nie gesehen! Über Kilometer sind die Fahrrinnen mit tausenden und abertausenden von ausgetrockneten und gepressten Jungfröschen übersät. In den Dünen zieht jedoch noch eine andere Kreatur meine Aufmerksamkeit auf sich. Natürlich ist es eine Heuschrecke! Farblich sind die Männchen sehr auffällig, jedoch äusserst scheu und flugfreudig. Es ist schnell klar, dass es sich um dieselbe Art handeln muss, die ich bereits 2009 in einem identischen Lebensraum auf dem Peloponnes gefunden hatte. Die anschliessenden Bestimmungsversuche führten zur Gattung Omocestus, wobei nach wie vor unklar ist, was hinter der Gattung kommt. Klar ist auch in diesem Fall nur, dass die nächste Reise nach Griechenland 2016 bereits geplant ist.
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