Melanogryllus desertus
(Pallas, 1771)
DE:
Steppengrille
EN:
Desert Cricket
FR:
Le Grillon noirâtre
IT:
Grillo nero
Grillo del deserto
Acheta agricola Rambur, 1838 | Gryllus alata Ramme, 1921 | Acheta melas Charpentier, 1825 | Gryllus tomentosus Eversmann, 1859 | Gryllus tristis Serville, 1838
Morphologie
Die Grundfarbe von Melanogryllus desertus ist ein einheitliches, glänzendes Schwarz. Dadurch wirkt die Art wie eine kleine Vertreterin von Gryllus campestris. Auf der Innenseite der Augen sticht je ein auffällig weisses Punktauge hervor. Eine helle Querlinie zwischen den Augen fehlt vollständig. Insgesamt erscheint der Körper glatt und glänzend. Die schwarzen Fühler sind etwa körperlang. Die Vorderflügel der Männchen reichen leicht über die Hinterleibsmitte hinaus und sind dunkelbraun bis schwarz gefärbt. Häufig verläuft ein undeutlicher, bräunlicher Längsstreifen über die Flügelkanten. Die Vorderflügel der Weibchen reichen knapp bis zur Hinterleibsmitte und sind häufig an der Basis und entlang der Seiten bräunlich bis gelblich gezeichnet. Die Legeröhre ist gerade bis leicht nach unten gebogen und an der Spitze lanzettförmig erweitert.
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♂ 12-18 mm
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♀ 14-18 mm
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Ovipositor 10-15 mm
Gesang
Der mässig laute Spontangesang von Melanogryllus desertus besteht aus Versen, die mehr oder weniger regelmässig erzeugt werden. Er tönt wie "schriii". Ein Vers besteht aus 7-16 Silben. Die Lautstärke der Silben nimmt innerhalb des Verses zuerst langsam und nach der Mitte schneller zu, die maximale Lautstärke wird erst bei den letzten Silben erreicht. Das Frequenzspektrum zeigt ein Maxiumum bei 4,7-5,5 kHz. Typischerweise singen die scheuen Tiere am Rande von Bodenspalten, in denen sie bei Störungen blitzartig verschwinden. Die Männchen sind sowohl tag- als auch nachtaktiv.
Spontangesang von Melanogryllus desertus mit dem Gesang der Nachtigall (Luscinia megarhynchos) im Hintergrund - BG, Kardschali, Gorna Kula, 23.04.2012, tagsüber
Spontangesang von Melanogryllus desertus mit dem Gesang von Pirol (Oriolus oriolus) und Kuckuck (Cuculus canorus) im Hintergrund - HU, Hortobagyi Nationalpark, 10.05.2008, 22° C, mittags
5 Sekunden aus dem Spontangesang von Melanogryllus desertus, 6 Verse - HU, Hortobagyi Nationalpark, 10.05.2008, 22° C, mittags
Einzelner Vers aus dem Spontangesang von Melanogryllus desertus - HU, Hortobagyi Nationalpark, 10.05.2008, 22° C, mittags
Verbreitung
Melanogryllus desertus ist eine typisch südeuropäische Art und kommt von Südportugal über die Osthälfte Spaniens und Südfrankreichs bis nach Italien vor. Über den Balkan reicht das Vorkommen im Osten bis nach China. Auf dem Balkan findet man Melanogryllus desertus bis nach Griechenland und in die Türkei. Die nördliche Verbreitungsgrenze wird südlich der Alpen erreicht und verläuft über Ostösterreich, die Südslowakei und die Südukraine. In Österreich beschränkt sich das Vorkommen auf die wärmebegünstigten Regionen in Ostösterreich in der Steiermark, dem Burgenland und in Niederösterreich. Im Südtessin wurde die Art bis Mitte des 20. Jahrhunderts vereinzelt nachgewiesen. Der letzte Beleg stammt aus dem Jahr 1960. Melanogryllus desertus ist eine Art der Ebene und ist nur selten in Höhen über 500 m ü.M. anzutreffen.
This map is based on occurrence records available through the GBIF network and may not represent the entire distribution.
Phänologie & Lebensweise
Melanogryllus desertus ist eine frühe Art, wobei ausgewachsene Tiere vorwiegend von Ende April bis Juli beobachtet werden können. Vereinzelt findet man ausgewachsene Individuen bis in den September.
Die Tiere überwintern in den letzten Larvenstadien oder sogar als Imago. Es ist anzunehmen, dass die Art bei günstigen Bedingungen zwei Generationen im Jahr ausbilden kann.
Lebensraum
Melanogryllus desertus besiedelt extensives Kulturland. Dabei werden wechselfeuchte, frische bis trockene Wiesen mit lückiger Krautschicht, Brachen, Weinberge und Ackerland besiedelt. Die Art hält sich gerne in Trockenheitsrissen im Boden sowie unter Steinen auf. Insbesondere am nördlichen Verbreitungsrand werden gut besonnte Böschungen und Geleiseschotter der Bahn besiedelt. Auf dem Balkan findet man Melanogryllus desertus nicht selten auch am Rand von Feuchtgebieten und entlang von Säumen von Fliessgewässern.
Gefährdung & Schutz
Aufgrund des grossen Verbreitungsgebiets und der Häufigkeit in Südeuropa gilt die Art in Europa als nicht gefährdet. Für Österreich wurde die Art als stark gefährdet eingestuft. Gefährdungsursachen sind in erster Linie auf die Intensivierungen in der Landnutzung zurückzuführen. Neben dem häufigeren Umbruch des Bodens und der dichteren Krautschicht bzw. Bepflanzung wird der Einsatz von Insektiziden mit dem Verschwinden lokaler Vorkommen in Verbindung gebracht. Eine weitere Ursache für den Lebensraumverlust sind Aufforstungen unproduktiver Standorte. Insbesondere auf dem Balkan, wo die Art auch in Feuchtgebieten vorkommt, wird die Trockenlegung solcher Gebiete als Gefährungsursache genannt.
Rote Listen
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CH:RE (In der Schweiz ausgestorben)
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DE:Abwesend
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AT:EN (Stark gefährdet)
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Europa:LC (Nicht gefährdet)
Ähnliche Arten
Melanogryllus desertus kann mit Gryllus campestris verwechselt werden, mit der sie sowohl jahreszeitlich als auch in demselben Lebensraum angetroffen werden kann. Gryllus campestris ist deutlich grösser und kräftiger; auffällig ist die rote Unterseite ihrer Hinterschenkel, die bei Melanogryllus desertus nicht ausgeprägt ist. Ähnlich sind ebenfalls Eumodicogryllus bordigalensis und Modicogryllus frontalis. Diese beiden Arten unterscheiden sich von Melanogryllus desertus vor allem durch die helle Linie zwischen den Augen und die nicht vollständig schwarze Färbung.