Griechenland 2011
Reisebericht
Griechenland 2011
Vom 09. bis 22. Juli 2011 verbrachten wir (Dominik Hagist und Florin Rutschmann) 10 Tage auf Heuschreckensuche in Nordgriechenland. Dabei hielten wir uns vorwiegend in der Region Epirus ganz im Nordwesten des griechischen Festlands und am westlichen Rand der Region Westmakedonien auf. Es war für uns das erste Mal, dass wir den griechischen Heuschrecken intensiv nachgehen konnten und es war dementsprechend aufregend.
Vom 09. bis 22. Juli 2011 verbrachten wir (Dominik Hagist und Florin Rutschmann) 10 Tage auf Heuschreckensuche in Nordgriechenland. Dabei hielten wir uns vorwiegend in der Region Epirus ganz im Nordwesten des griechischen Festlands und am westlichen Rand der Region Westmakedonien auf. Es war für uns das erste Mal, dass wir den griechischen Heuschrecken intensiv nachgehen konnten und es war dementsprechend aufregend. Wo wir auch hinkamen, es bot sich uns ein "Heuschreckeneldorado" mit einer Menge uns noch unbekannter Arten. Auch wenn wir gute Literatur mit dabei hatten, wurden wir von der Vielfalt überwältigt und konnten einige schwierigere Gruppen, wie die Platycleis- oder Chorthippus-Arten gar nicht genauer ansehen.
Die Reise starteten wir in Igoumenitsa, wo wir unseren fahrbaren Untersatz entgegen nahmen. Weil heuschreckentechnisch überall so viel los war, erreichten wir erst am Abend des zweiten Tages unser erstes Zwischenziel, den Mt. Tomaros. Als Ortsangabe hatten wir lediglich die Gewissheit, dass sich die interessanten Stellen "oberhalb Varyiadhes" befinden müssten. Doch im besagten Dorf befiel uns Ratlosigkeit, die Bergflanke ist riesig und die Beschreibung deswegen etwas sehr allgemein. Schliesslich konnten wir uns kaum vorstellen, dass vor uns viele Orthopterologen die steilen Hänge mit mehr als 1'500 Höhenmeter locker in einer Tagesexkursion hoch stiegen. Nach längerem Diskutieren machten wir uns an die einzige Schotterpiste, die den Berg hinauf zu führen schien. Die Fahrt war abenteuerlich, aber wir gewannen schnell an Höhe und stellten unser Zelt auf einer Ebene auf 1'250 m zwischen weidenden Rindern auf. Sogleich machten wir uns auf die Suche nach den endemischen Heuschrecken-Arten, wegen denen wir eigentlich hierher gekommen waren. Doch die Euphorie wich rasch der Ernüchterung. So sehr wir uns bemühten, in den kurzrasigen Weiden konnten wir erstaunlich wenig ausfindig machen. Lediglich Dociostaurus maroccanus schien es hier richtig zu gefallen. Mit der hereinbrechenden Dunkelheit machten sich immerhin ein paar unbekannte Sänger in den Wacholder-Büschen bemerkbar. Platycleis intermedia war nicht zu überhören, wohingegen es einiges erforderte, den leisen Gesang von Poecilimon zimmeri zu orten.
Spontangesang von Platycleis intermedia bei verhältnismässig kühlen Temperaturen unter 20° C, nachts auf dem Mt. Tomaros (12.07.2011). Die Hirtenhunde im Hintergrund waren einfach nicht still zu kriegen.
Der Spontangesang von Poecilimon zimmeri ist sehr leise und nur auf ca. 1 m weit zu hören. Die Gesangsaufnahme erfolgte nachts bei ca. 20° C auf dem Mt. Tomaros. Das Männchen sass auf einem Juniperus-Busch (12.07.2011).
Wenig optimistisch brachen wir frühmorgens auf und schlichen in Heuschreckenkundler-Manier den Berg hinauf. Kaum hatten wir den beweideten Bereich hinter uns gelassen, tauchten die ersten Poecilimon zimmeri in der Vegetation auf. Auch der intensiv gefärbte Stenobothrus fischeri gab ein dankbares Motiv her. Wir waren ein ganzes Stück den Hang hinauf gegangen und rätselten schon, ob wir vielleicht doch am falschen Ort unterwegs waren. Dieser Gedanke überkommt einen bekanntlich ziemlich schnell, wenn man nicht sofort über das Gesuchte stolpert.
Da, plötzlich, sprang etwas mit schnarrendem Geräusch davon - und tatsächlich es war der gesuchte, hübsche Stenobothrus clavatus mit den lustig verdickten Fühlerenden. Mit neuer Motivation machten wir uns über nicht ganz ungefährliches Gelände Richtung Gipfelregion auf. Kurz unterhalb eines kleinen Sattels wurde die Krautschicht dichter und hochwüchsiger. Wie aus dem Nichts tauchten plötzlich die Pferdeschrecke (Celes variabilis) und die Höckerschrecke Arcyptera labiata auf. Ein paar Schritte weiter gesellte sich eine grosse Poecilimon-Art dazu. Das musste sie also sein, die endemische Poecilimon soulion.
Ganz zufrieden mit dem Gefundenen, hatten wir unseren Topfavoriten, Peripodisma tymphii, bereits abgeschrieben. Langsam machten wir uns auf die letzten hundert Höhenmeter zum Gipfel auf 2000 m. Wir brauchten auch gar nicht viel weiter zu gehen, da plumpsten uns die ersten bunten Männchen von Peripodisma tymphii vor die Füsse. Eigentlich hatten wir unser Reiseziel nach diesem Tag bereits erfüllt, doch das Ganze machte Appetit auf mehr. So fuhren wir mit einigen Zwischenstopps nach Kalampaka zu den bekannten Klöster von Meteora.
In den Eichenwäldern nördlich der Klöster suchten wir nach einer weiteren Art, die auf der Wunschliste stand - Bradyporus dasypus. Bei der Grösse der Heuschrecke würde man meinen, dass sie nicht zu übersehen ist. Weit gefehlt - wie bei den Sägeschrecken erfordert die Suche viel Glück, denn auch sie verharren bei Gefahr reglos und vertrauen voll auf ihre Tarnung. Wir suchten einen halben Tag nach dem Brummer. Nach einer ausgedehnten Siesta gaben wir uns noch eine letzte Chance und suchten auf dem Rückweg eine kleine Lichtung auf. Nach einer Weile plumpste es mächtig im Laub nebenan, doch der Instinkt sagte uns; ja, ja, wieder ein Frosch! Erst als es in der hinterletzten Hirnwindung zuckte sagten wir uns; warte mal, ein Frosch, hier im staubtrockenen Eichenwald, den will ich ja sehen!
Und, Heureka, da war das schwarze Monster! Es war wirklich ein Monster und wir trauten uns erst gar nicht recht, den Bradyporus dasypus anzufassen. Mit dem Fund war auch das Auge geeicht und wir sahen sie plötzlich überall, auch schon aus grösserer Distanz sah man sie plötzlich an den Baumstämmen sitzen. In Kürze hatten wir vier Stück gesichtet, ohne durch den Gesang darauf aufmerksam geworden zu sein.
Der Spontangesang von Bradyporus dasypus ist sehr laut und ca. 50 m weit zu hören. Das aufgezeichnete Männchen sang in einem brach liegenden Getreidefeld gut getarnt in der Vegetation. Auch wenn wir uns gewiss waren, dass der Sänger vielleicht gut 50 cm vor dem Mikrophon sass, konnten wir ihn nicht ausfindig machen. Die Aufnahme erfolgte südlich von Nestorio kurz nach 17.00 Uhr bei warmen Temperaturen (ca. 30° C - 15.07.2011).
Der Gesang von Metrioptera oblongicollis ist leise (nur ca. 2-3 m hörbar) und kann über längere Zeit ununterbrochen vorgetragen werden. Die Aufnahme erfolgte bei Temperaturen über 20° C im Vernon-Gebirge (17.07.2011).
Der Gesang von Pholidoptera macedonica ist demjenigen von Pholidoptera aptera in der Struktur ähnlich. Die Aufnahme erfolgte bei Temperaturen unter 20° C im Vernon-Gebirge (18.07.2011).
Zufrieden verliessen wir Meteora in Richtung Florina nahe der Grenze zu Mazedonien. Die Griechen nennen Mazedonien konsequent F.Y.R.O.M, da sie die Bezeichnung Mazedonien, sprich Makedonien, für sich beanspruchen (Region Makedonien). Auf diesen Namenskonflikt sind einige Griechen übrigens gar nicht gut zu sprechen.
Arne Lehmann stelte uns freundlicherweise eine Beschreibung zur Verfügung, wie wir von Florina in besonders interessante Gegenden des Mt. Vernon gelangen konnten. Die beschriebene Piste war auch schnell gefunden, doch fragten wir uns, wann Arne diese Strasse - wobei Strasse leicht übertrieben ist - das letzte Mal gefahren war.
Erstmal mussten wir Steine aus dem Weg räumen, um die steile und staubige Piste hoch fahren zu können. An anderer Stelle mussten wir bei einem Wassertümpel mitten auf der Strasse einen Abfluss buddeln und das Loch wieder mit Steinen auffüllen, damit wir passieren konnten. Doch das bringt ein wenig Spannung in das Unterfangen und für ein paar nette Sechsbeiner nimmt man das gerne auf sich! Wenigstens wurde die Strasse nach dem bunten Einstieg besser, und wir konnten in der Dunkelheit problemlos durch scheinbar endlose Buchenwälder fahren. Plötzlich öffnete sich der Wald und im Scheinwerferkegel erschienen dichte Adlerfarn-Monokulturen. Wir wunderten uns, was da so paradiesisch für die Heuschrecken sein sollte. Kaum tauchten auch ein paar Gräser im Lichtkegel auf, stellten wir unser Auto an den Strassenrand und machten es uns für ein paar Stunden in den unbequemen Autositzen möglichst gemütlich.
Am Morgen staunten wir nicht schlecht, in der kleinen Wiese tummelten sich genau diejenigen Heuschrecken, die uns Arne versprochen hatte. Alleine fünf Poecilimon-Arten standen in der Morgensonne Modell. Daneben fanden wir Arten wie Arcyptera microptera, Paracaloptenus caloptenoides, Pholidoptera macedonica oder Pholidoptera stankoi und Metrioptera oblongicollis, die unser Heuschreckenherz rasen liessen. Die Akkus unserer Kameras waren schneller leer als uns lieb war und wir mussten zurück in die Zivilisation. Am Kleinen Prespa-See luden wir alle unsere Batterien und suchten nach Trigonidium cicindeloides, die uns aber vergönnt blieb, da wir auch nicht recht wussten, in welchem Lebensraum wir suchen sollten.
Zum Abschluss leisteten wir uns noch einen Abstecher ins Smolikas-Gebirge, wo wir Poecilimon pindos und Oropodisma macedonica eher zufällig fanden. Die winzigen Oropodisma stempelten wir erst als Larven ab und schenkten ihnen kaum Aufmerksamkeit. So dümpelten wir langsam am Timphi-Gebirge vorbei und wünschten, wir hätten mindestens noch ein paar Wochen mehr Zeit, um dieses imposante Gebirge von Nahem zu geniessen.
Auf der langen Überfahrt von Igoumenitsa nach Venedig blieb endlich wieder etwas Zeit und Musse zum Schlafen und sich von den Ferien zu erholen.
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