Im Frühsommer von Ende Mai bis Mitte Juni und im Juli 2014 erkundeten wir (Florin Rutschmann und Christian Roesti) Istrien und die nähere Umgebung der kroatischen Halbinsel. Mal waren wir gemeinsam, mal einzeln unterwegs. Ziel der Reisen war u.a. die Ausarbeitung einer Natur- und Fotoreise nach Istrien für das Jahr 2015.
Obschon auch in Kroatien noch im Juli sehr viel Niederschlag fiel, waren es erfolgreiche und spannende Tage. Für die späten Heuschrecken-Arten war es besonders im Juni noch etwas früh, weshalb wir viele Larven fotografierten. Arten wie Barbitistes yersini, Barbitistes ocskayi, Leptophyes boscii, Polysarcus denticauda und Poecilimon ornatus waren grössten Teils schon ausgewachsen oder im letzten Larvenstadium. Von den beiden Säbelschrecken Barbitistes yersini und Barbitistes ocskayi konnten wir an verschiedenen Stellen Istriens Massenauftreten feststellen. Die Tiere waren derart häufig, dass ganze Eichen total kahlgefressen waren. Wenn man unter den dicht besiedelten Bäumen durch ging, liessen sie sich gerne wie faule Kirschen fallen. Bei solchen Massenauftreten sind die Tiere beider Arten dunkler, zum Teil fast schwarz.
Besonders erfreulich waren die Funde von Arcyptera microptera, der Kleinen Höckerschrecke. Es ist immer ein Highlight, diese in weiten Teilen Mitteleuropas verschwundene Art zu finden. Auch für Kroatien wollte der lokale Heuschreckenspezialist Josip Skejo die seltene Art bereits von der Checkliste für Kroatien streichen. Während unseren Feldtagen in Istrien konnten wir die Kleine Höckerschrecke an drei unterschiedlichen Fundorten beobachten, meist zusammen mit der stattlichen Gesägten Steinschrecke (Prionotropis hystrix hystrix). Schon Heiko Bellmann hatte die Art 1988 in Istrien nachgewiesen und fotografiert und auch in der Umgebung von Triest sind Populationen bekannt. Sie kommt nur sehr lokal vor und auch in scheinbar optimalen Habitaten fehlt sie meistens.
Die meisten Steinschrecken waren Ende Mai/Anfang Juni im letzten Larvenstadium. Einige ausgewachsene Individuen liessen sich bereits finden. Die jahreszeitlich späteren Arten wie Calliptamus italicus und Oedaleus decorus sprangen als winzig kleine Larven umher. Die kleinen Larven zu studieren und zu fotografieren war ein Vergnügen für sich. Speziell erfreuten wir uns an den frisch aus dem Ei geschlüpften Larven von Oedipoda caerulescens und Oedaleus decorus.
Fast am meisten gefreut haben wir uns auf den Kroatischen Heidegrashüpfer (Stenobothrus croaticus) in den Bergen des Velebit Nationalparks, den wir dank der guten Hinweise von Dirk Berger Ende Juli aufspüren konnten. Leider war das Wetter während der zwei Tage aber derart schlecht, dass wir kein einziges Männchen singen hörten und auch sonst die Suche relativ schwierig war, da sie sich im dichten Gras versteckt hielten.
Auf dem Weg nach Istrien konnten wir einen Abstecher an den Tagliamento im äussersten Nordosten Italiens nicht lassen. Die wilden Flusslandschaften mit dem türkisblauen Wasser sind jedes Mal eine Freude. Genauso beeindruckt waren wir von den Karsthöhlen von Postojna und dem Grottenolm.
Unser Fokus galt aber den karstigen Steppenlandschaften in der Umgebung des Učka-Gebirges. Neben den Heuschrecken brüten hier Vögel, die in der Schweiz vom Aussterben bedroht sind noch in grosser Anzahl. Der Ortolan war lokal sehr häufig und die Männchen sangen nur einige hundert Meter voneinander entfernt. Neben dem Ortolan konnten wir Heidelerchen, Brachpieper und Steinhühner beobachten.
Für viele Schmetterlings-Arten waren wir genau zur richtigen Zeit unterwegs. Der Zürgelbaum-Schnauzenfalter (Libythea celtis), der in der Schweiz nur im Tessin vorkommt, der Blauschwarze Eisvogel (Limenitis reducta) und andere Tagfalter waren in so hohen Individuendichten unterwegs, dass wir Mühe hatten uns auf das Fotografieren einzelner Tiere zu konzentrieren. In den feuchteren Bereichen der Bergwiese im Učka-Gebirge, in denen die Balkan-Bergschrecke (Psorodonotus fieberi illyricus) anzutreffen ist, war der Schwarzen Apollo (Parnassius mnemosyne) keine Seltenheit.
Sämtliche Beobachtungen haben wir auf Observation.org eingetragen.
Stimmen und Gesänge
Gesang von Barbitistes yersini. Im Hintergrund hört man Poecilimon ornatus und Pholidoptera littoralis littoralis und andere Männchen von Barbitistes yersini - HR, Istrien, Rajki, 25°C Abendsonne, 04.06.2014
Gesang von Barbitistes yersini - HR, Istrien, Rajki, 25°C Abendsonne, 04.06.2014
Gesang von Decticus verrucivorus - HR, Istrien, Galižana, 25°C, 04.06.2014
Gesang der Südlichen Grille (Modicogryllus bordigalensis) - IT, Friaul-Julisch Venetien, Pertegada, 17°C, nachts, 27.05.2014
Gesang der Maulwurfsgrille (Gryllotalpa gryllotalpa) - IT, Friaul-Julisch Venetien, Pertegada, 17°C, nachts, 27.05.2014
Gesang der Singzikade Cicadivetta tibialis - HR, Istrien, Galižana, 25°C, 04.06.2014
Rufe von mehreren jungen Waldohreulen (Asio otus). Sie riefen die ganze Nacht über meinem Zelt - HR, Istrien, Fažana, 02.06.2014
Bodengesang vom Ortolan (Emberiza hortulana) vor dem Sonnenaufgang - HR, Istrien, Učka, 01.06.2014
Gesang vom Ortolan (Emberiza hortulana), vorgetragen von einer Baumspitze. Im Hintergrund hört man ein Steinhuhn - HR, Istrien, Učka, 01.06.2014
Gesang vom Buchfink (Fringilla coelebs). Dieses Männchen hängt am Schluss vieler Strophen ein buntspechtartiges "kick" an - HR, Istrien, Učka, 01.06.2014
Gesang der Zwergohreule (Otus scops). Im Hintergrund hört man die jungen Waldohreulen der obigen Aufnahme - HR, Istrien, Fažana, 02.06.2014
Gesang der Dorngrasmücke (Sylvia communis) - HR, Istrien, Učka, 01.06.2014
